Vorsteuer berechnen: Formeln und Begriffe verständlich erklärt


Geliebt, gehasst und sehr umstritten – Steuern sind ein polarisierendes Thema!
Nicht nur beim Erben großer Summen oder beim wöchentlichen Lebensmitteleinkauf. Denn Mehrwertsteuer betrifft nicht nur Endverbraucher:innen, auch Unternehmen bekommen sie beim Erwerb von Lieferungen und Leistungen in Rechnung gestellt. Wir sprechen in diesem Fall von der Vorsteuer.
Ähnlich polarisierend wie das deutsche Steuerrecht – und ganz ehrlich: teilweise auch sehr verwirrend – ist Mathematik. Und wenn Steuerrecht und Mathematik aufeinandertreffen, dann kann das wirklich nervös machen.
In diesem Artikel verraten wir Ihnen alles, was Sie zum Vorsteuer berechnen brauchen. Als Bonus zeigen wir Ihnen, wie Apps die Berechnung der Vorsteuer und den Vorsteuerabzug deutlich vereinfachen.
Das Wichtigste auf einen Blick:
|
Berechnung der Vorsteuer: Was muss beachtet werden?
Wenn Sie die Vorsteuer korrekt berechnen möchten, dann ist etwas Hintergrundwissen zum Thema nützlich. Vor allem, weil die immer wieder synonym verwendeten Begriffe Mehrwertsteuer, Umsatzsteuer und Vorsteuer sehr viel Verwirrung stiften können.
Alle drei Begriffe sind aber ganz leicht voneinander zu trennen:
- Mehrwertsteuer: Ist der Oberbegriff für die Besteuerung der Wertschöpfung und Leistungen der Unternehmen und wird von den Endverbraucher:innen bezahlt.
- Umsatzsteuer: Der Betrag, den Sie auf Ihren eigenen Rechnungen an Steuern ausweisen.
- Vorsteuer: Der Steuerbetrag, den Sie selbst als Unternehmen beim Einkauf bezahlen müssen.
Anders gesagt: Die Umsatzsteuer wird nur im Verkauf auf Ausgangsrechnungen und die Vorsteuer wird nur im Einkauf auf Eingangsrechnungen ausgewiesen.
Bei der Vorsteuer – wie bei allen Varianten der Mehrwertsteuer – können Sie zwischen dem Regelsteuersatz in Höhe von 19 Prozent und dem ermäßigten Steuersatz in Höhe von 7 Prozent unterscheiden. Sie zahlen als Unternehmen oder als selbstständig arbeitende Person also nicht immer den gleichen Steuersatz. Für welche Waren und Dienstleistungen welcher Steuersatz gilt, ist im Gesetz verankert.
Grob einschätzen, welcher der beiden Steuersätze für welche Käufe und Leistungen anfällt, können Sie aber auch ohne Gesetzestexte: Der reguläre Mehrwertsteuersatz (19 %) kommt zum Beispiel bei Fahrzeugen, Elektronik oder Einrichtungsgegenständen zur Anwendung. Bei Umsätzen mit bestimmten Lebensmitteln, Angeboten im Bereich Kultur und Freizeit, Bücher, Tickets und Nahverkehr wird der ermäßigte Steuersatz (7 %) angewendet.
Sonderfall: Die Kleinunternehmerregelung
Bei der Vorsteuer gibt es allerdings eine besondere Vorschrift: die Kleinunternehmerregelung.
Bei der Kleinunternehmerregelung müssen Kleinunternehmer:innen auf Ihren Rechnungen keine Umsatzsteuer ausweisen – aber auch der Vorsteuerabzug ist nicht berechtigt.
Der entscheidende Vorteil für Unternehmer:innen und Selbstständige ist, dass keine Umsatzsteuer-Voranmeldung vorgenommen werden muss, denn Brutto- und Nettopreis sind bei der Kleinunternehmerregelung gleich.
Bedingungen für Unternehmen, um die Kleinunternehmerregelung anwenden zu können:
- weniger als 25.000,000 EUR Umsatz im Vorjahr
- Betrag von 100.000,00 EUR wird im laufenden Jahr nicht überschritten
Die Regelung hat aber auch Nachteile, denn wenn die Kleinunternehmerregelung angewandt wird, entfällt damit die Berechtigung zum Vorsteuerabzug.
Ob Sie die Kleinunternehmerregelung nutzen sollten oder nicht, hängt davon ab, an wen Sie verkaufen.
- Endverbraucher:innen: Eventuell könnte es mehr Sinn ergeben, den Aufwand einer Vorsteueranmeldung zu vermeiden.
- Unternehmen, B2B und hoher Wareneinsatz: In der Regel profitieren Sie davon, wenn Sie die Vorsteuer geltend machen.
Umsatzsteuerzahllast und Vorsteuerüberhang: Was ist das?
Bevor wir uns mit der Berechnung der Vorsteuer beschäftigen, sehen wir uns noch die Begriffe „Umsatzsteuerzahllast“ und „Vorsteuerüberhang näher an. Warum sie für unser nächstes Kapitel//die Berechnung wichtig sind, werden Sie gleich herausfinden.
Bei der Umsatzsteuerzahllast handelt es sich um den Saldo zwischen der Umsatzsteuer, die Sie dem Finanzamt schulden und der Erstattung, die Sie für die Vorsteuer erhalten. Die Umsatzsteuer erhalten Sie von Ihren Kund:innen und die Vorsteuer müssen Sie selbst an andere Unternehmen zahlen.
Zu einem Vorsteuerüberhang kommt es, wenn die berechnete Vorsteuer die Umsatzsteuer übersteigt. In dem Fall mussten Sie an andere Unternehmen mehr Vorsteuer zahlen, als Sie von Ihren Kund:innen an Umsatzsteuer eingenommen haben. Das Gute daran: Durch einen solchen Überhang erhalten Sie Anspruch auf Rückerstattung durch das Finanzamt.
Von der Steuerzahllast hängt auch ab, wie oft Sie Ihre Umsatzsteuervoranmeldung abgeben müssen. Sie können sogar ganz davon befreit sein, wenn die Zahllast unterhalb von 1.000,00 EUR liegt. Bewegt sich die Steuerzahllast zwischen 1.000,00 und 7.500,00 EUR, reicht eine vierteljährliche Abgabe. Alle anderen müssen die Umsatzsteuervoranmeldung jeden Monat abgeben. 📅
Vorsteuer richtig berechnen: Mit dieser Formel klappt's
Bevor wir loslegen: Sie hören gerade zum ersten Mal von der Vorsteuer oder sind sich im Detail nicht mehr sicher? Dann ist es eventuell sinnvoll, zuerst eine Einführung ins Thema Vorsteuer zu lesen oder in den Unterschied zwischen Vorsteuer und Umsatzsteuer einzutauchen.
Für alle anderen: Los geht’s! 👌
Als umsatzsteuerpflichtiges Unternehmen haben Sie das Recht zum Vorsteuerabzug.
Wenn Sie das Recht für den Vorsteuerabzug haben, dann können Sie die eingenommene Umsatzsteuer und die selbst gezahlte Vorsteuer miteinander verrechnen. Die Differenz entscheidet, ob Sie am Ende etwas an das Finanzamt zahlen müssen oder Geld zurückerhalten werden.
Um den Vorsteuerabzug aus der Vorsteuer und der Umsatzsteuer zu berechnen, müssen Sie von der eingenommenen Umsatzsteuer einfach nur die gezahlte Vorsteuer abziehen. Haben Sie zu viel Vorsteuer gezahlt, können Sie sich den Differenzbetrag vom Finanzamt erstatten lassen.
Bei der Berechnung müssen Sie berücksichtigen, für welchen Zeitraum Sie die Anmeldungen vornehmen – und ob Sie der Soll- oder der Ist-Versteuerung unterliegen. Die Umsatzsteuervoranmeldung nehmen Sie entweder monatlich oder im Quartal vor. Konkret heißt das:
- Soll-Versteuerung: Die Fälligkeit tritt bereits bei der Rechnungsstellung ein.
- Ist-Versteuerung: Sie müssen nur anmelden, wofür Sie bereits einen Geldeingang verbuchen konnten.
Die Berechnung der Vorsteuer erfolgt mit dieser Formel ganz einfach aus dem Nettoaufwand:
Vorsteuer = Nettoaufwand * Mehrwertsteuersatz
Aber Vorsicht: Eventuell ist bei der Anwendung der Formel eine Unterscheidung des Mehrwertsteuersatzes (19 Prozent-Regelsteuersatz und ermäßigter 7 Prozent-Steuersatz) erforderlich.
Beispiel: Berechnung der Vorsteuer aus dem Bruttoaufwand
Jetzt sehen wir uns ein Beispiel an, wie Sie die Vorsteuer aus Brutto berechnen.
Bei Zahlungen nehmen wir oft nur den Preis wahr, der tatsächlich gezahlt wird, ohne darauf zu achten, wie viel davon der steuerliche Anteil ist – auch „Bruttoaufwand“ genannt.
Nettoaufwand = Bruttoaufwand / 1,19 (bei Regelsteuersatz)
oder
Nettoaufwand = Bruttoaufwand / 1,07 (bei ermäßigtem Steuersatz)
Vorsteuer = Bruttoaufwand – Nettoaufwand
Stellen wir uns also vor, Ihr Unternehmen hat innerhalb eines Monats Waren und Dienstleistungen im Wert von 23.800,00 EUR gekauft, welche alle mit dem Regelsteuersatz besteuert sind. Die Berechnung der Vorsteuer würde dabei folgendermaßen ablaufen:
Bruttoaufwand von 23.800,00 EUR / 1,19 = 20.000,00 Nettoaufwand
Bruttoaufwand von 23.800,00 EUR – Nettoaufwand von 20.000,00 EUR = 3.800,00 EUR Vorsteuer
Gar nicht so schwer, oder?
Beispiel: Berechnung der Vorsteuer aus dem Nettoaufwand
Noch einfacher gestaltet sich die Rechnung, wenn der Nettoaufwand bereits gegeben ist. Dann entfällt der erste Rechenschritt in unserem Beispiel und Sie können gleich mit der folgenden Berechnung der Vorsteuer beginnen:
Nettoaufwand von 20.000,00 EUR * 19 Prozent = 3.800,00 EUR Vorsteuer
Beispiel: Berechnung des Vorsteuerüberhangs
Anhand der Vorsteuer können Sie nun berechnen, ob es zu einem Vorsteuerüberhang kommt. Wir gehen davon aus, dass Sie von Ihrer Kundschaft im Betrachtungszeitraum 3.000,00 EUR Umsatzsteuer eingenommen haben:
Vorsteuerüberhang = Umsatzsteuer – Vorsteuer
Vorsteuerüberhang = 3.000,00 EUR – 3.800,00 EUR = - 800,00 EUR
Sie können bei diesem Beispiel also eine Erstattung vom Finanzamt in Höhe von 800,00 EUR beantragen.
Beispiel: Berechnung der Umsatzsteuerzahllast
Gehen wir stattdessen davon aus, dass Sie 4000,00 EUR Umsatzsteuer vereinnahmt haben, müssen Sie wohl eher eine Nachzahlung leisten, da dies mehr beträgt als Ihre bereits geleistete Vorsteuer. Den genauen Betrag berechnen Sie so:
Vorsteuerüberhang = Umsatzsteuer – Vorsteuer
Vorsteuerüberhang = 4.000,00 EUR – 3.800,00 EUR = 200,00 EUR
In diesem Fall müssten Sie also noch 200,00 EUR an das Finanzamt zahlen, da Sie von anderen Unternehmen mehr Umsatzsteuer vereinnahmt haben, als Sie selbst Vorsteuer gezahlt haben.
Die Vorsteuer im Buchungssatz richtig angeben: Wie funktioniert das?
Sie wissen jetzt, wie Sie die Vorsteuer berechnen müssen.
Nun fehlt nur noch der korrekte Buchungssatz für die Vorsteuer. Die Buchung mit Vorsteuer betrifft mehrere Konten und ist im Grunde ganz einfach.
Welche Konten Sie berücksichtigen müssen, hängt davon ab, was Ihr Unternehmen eingekauft hat und wie Sie bezahlen möchten. Zur Verdeutlichung der Buchungssätze sehen wir uns zwei Beispiele an:
1. Buchungssatz
Für das erste Beispiel stellen Sie sich vor, Ihr Unternehmen kauft Handelswaren zu einem Nettopreis von 15.000,00 EUR ein. Folgender Buchungssatz für die Vorsteuer wird angewandt:
Wareneingang: 15.000,00 EUR
Vorsteuer: 2.850,00 EUR
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen: 17.850,00 EUR
2. Buchungssatz
Im zweiten Beispiel kauft Ihr Unternehmen Rohstoffe zu einem Bruttopreis von 11.900,00 EUR ein. Die Bezahlung nehmen Sie sofort per Banküberweisung vor. Es ergibt sich der folgende Buchungssatz mit Vorsteuer:
Aufwand für Rohstoffe: 10.000,00 EUR
Vorsteuer 19 %: 1.900,00 EUR
an Bank: 11.900,00 EUR
In der Bilanz wird die Vorsteuer im Soll des Vorsteuerkontos vermerkt, während die Umsatzsteuer im Haben des Umsatzsteuerkontos steht.
Berechnen Sie die Vorsteuer noch einfacher mit der Pleo-App
Die Vorsteuer zu berechnen, ist wirklich nicht kompliziert.
Etwas Unterstützung – vor allem für Ihre Buchhaltung – ist allerdings immer ein klarer Vorteil. Das macht es einfach nur großartig, dass digitale Tools Ihnen und Ihrem Team Arbeit abnehmen.
Pleo hält für Sie die passenden Tools bereit, um Ihre Geschäftsausgaben immer im Blick haben. Pleo Invoices erkennt für Sie die Umsatzsteuer auf Belegen automatisch und reduziert den Aufwand der Vorsteuerberechnung.
Gehen Sie mit Eingangsrechnungen souveräner um als je zuvor: Wir helfen Ihnen bei der Prüfung der Rechnungen, machen die Bezahlung besonders einfach und stellen dank rechtssicherer Archivierung sicher, dass Sie auch in den nächsten Jahren bestens auf Nachfragen vom Finanzamt vorbereitet sind.